Postfaktisches Trading

Das Wort des Jahres2016 in DE:  „Postfaktisch“

Was wahr ist, bestimmen wir! Emotionen ersetzen Realität! Gerüchte fluten das Internet! Algorithmen entscheiden über die Wahrheit.

So oder so ähnlich steht es in verschiedenen Medien. Postfaktisch beschreibt eigentlich nur den normalen Menschen, der nach seinen Gefühlen und Erfahrungen handelt. Alles was er liest, fühlt, hört, ihm selbst oder anderen widerfahren ist, bündelt er zu einer gefassten Meinung, die es ihm erlaubt an Diskussionen teil zu nehmen und diese Meinung auch zu vertreten.

Ist dann unser Trading auch postfaktisch?

Gut dass Trading ins deutsche übersetzt Handeln bedeutet. So haben wir auch hier eine gewisse Mehrdeutigkeit. Aber zurück zum eigentlichen: Die meisten die Trading oder Investing betreiben, handeln mehr oder weniger nach ihren Gefühlen oder nach ihren Glaubenssätzen. Und diese Glaubenssätze stammen wiederum aus mehr oder weniger seriösen Publikationen, Artikeln, Zeitschriften, Büchern, Podcasts, Videos und sonstigem Zeug. Ganz selten kommt mal eine(r) und sagt: „Du Robert, ich hab die Arbeitslosenstatistik der letzten 110 Jahre mit den Kursen des DowJones verglichen und daraus ergeben sich folgende Erkenntnisse: …. Was sagst du dazu?“ Ja dann bin ich erst einmal dazu geneigt zu gratulieren! Denn ich vermute einmal, dass rund 99% aller die mit dem Thema persönliche Finanzen in Berührung kommen, NIE sich selbst die Mühe machen, eigene Wege zu finden und selbst eine Statistik zu erstellen und auszuwerten. Das ist auch gut so! Deshalb funktionieren gewisse Anomalien immer und immer wieder und manche einfache Handelssysteme liefern durchwegs hohe Gewinne. Der Rest handelt postfaktisch, ist von Gefühlen getrieben und glaubt den lautesten Marktschreiern! Das war schon immer so und wird solange so bleiben, wie mehrheitlich Personen den Markt antreiben. Diese Boom und Bust Zyklen sind notwendiger Bestandteil des Börsenhandels in unserem finanziellen Umfeld.  Gustave le Bon lässt grüssen: Die Psychologie der Massen *

Obwohl bewiesen ist, dass durch den Zinseszinseffekt und notwendiger Inflation innerhalb des vorherrschenden Finanzsystems der Buy-and-hold-Gedanke in Verbindung mit laufenden Einzahlungen/Ansparungen noch immer das meiner Meinung nach erfolgreichste Vehikel zum langfristigen Vermögensaufbau (für den Otto-Normal-Sparer) ist, handeln die meisten Menschen nicht danach! Warum? Weil es halt so verdammt schwierig ist, zwischenzeitlich DrawDowns von 50% oder gar 70% und mehr zu erleiden! Börse ist immer: zwei Schritte rauf und ein Schritt runter! Aber es geht langfristig IMMER aufwärts! LAAAANGFRISTIG! Deshalb habe ich im Vorjahr mein (Dividenden- bzw. Langfrist-)Depot so ausgerichtet als würde ich es selbst nicht mehr nutzen wollen. Das hat mich persönlich in die komfortable Position gebracht, den Schwankungen meines Depots keinen großen Stellenwert mehr einzuräumen. Und es funktioniert. Andere wieder wie mein Investmentfreund Nils ( der mit der Zahltagstrategie) stellt  seine Positionen als einzelne Mieter in einem großen Haus dar. Und wenn es einmal geringere Mieteinnahmen (Dividendenkürzung)  gibt, macht ihm das auch nichts. Das hat für mich übrigens nicht funktioniert!

Ergo: postfaktisches Trading (Handeln!) ist allgegenwärtig und nur ein 100% mechanisches Handelssystem, welches über einen Testzeitraum von x Jahren getestet wurde und jetzt vollautomatisiert eingesetzt wird, ist (vielleicht) davon befreit.

Trading und Investing funktioniert halt nun einmal durch Glauben, Testen, Erleben, Anwenden und Evaluieren einer Anlagestrategie. Aber: Gib 10 Händlern die selbe Strategie und du wirst 10 verschiedene Ergebnisse haben.

Zurück zum postfaktischen: dieses Wort verbreiten Politiker wie Medien (Link zu einem Artikel der NZZ) momentan inflationär (ich weiß, ich auch). Zumeist als Schimpfwort gedacht: „postfaktische Politik; postfaktische Zeiten… Aber haben nicht genau die, die den Vorwurf dieser Art der Manipulierbarkeit in den Raum stellen die Mehrheit in der Vergangenheit manipuliert und belogen? Statistiken zur Arbeitlosenrate,  zu Inflation, Kriminalität, zum Warenkorb und, und und. Wie lange schon werden Medien dazu benutzt diese Halbwahrheiten weiterzugeben? Viele dieser „Fakten“ können nur von jenen durchschaut werden, die sich die Mühe machen hinter die Kulissen zu blicken.Und übrig bleibt die EIGENE Wahrheit!

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